Auf Einladung der Seniorengemeinschaft St. Georg Ottenstein referierte Matthias Doedt vom Pflegenetz Westmünsterland vor etwa 50 interessierten Gästen in der Gaststätte Niewöhner-Schnell über Pflegeangebote und mögliche Kosten, die auf die Menschen zukommen, wenn sie Pflege benötigen.
„Ich weiß, dass es oft nicht gut funktioniert“, sagte Erich Richters vom Vorstand der Seniorengemeinschaft St. Georg zum Hintergrund der Einladung an das Pflegenetz. „Oft gibt es keinen Platz, wenn jemand vom Krankenhaus aus einen Pflegeplatz sucht.“
Dass das in Bezug auf stationäre Einrichtungen nicht zuletzt auch in der Natur der Sache liegt, erläuterte Matthias Doedt, der beim Pflegenetz Westmünsterland für Qualitätsmanagement zuständig ist. Auch stelle der demografische Wandel alle Beteiligten vor Herausforderungen. „Bei stationären Einrichtungen gibt es normalerweise nicht so eine hohe Fluktuation“, erklärte er. Will heißen: Wer einmal eingezogen ist in ein Senioren- und Pflegezentrum, bleibt normalerweise dort, bis er oder sie verstirbt. Umso wertvoller sei die stationäre Kurzzeitpflege-Einrichtung, die das Pflegenetz Westmünsterland mit Unterstützung durch den Kreis Borken im Zuge der Corona-Pandemie in Vreden eingerichtet hat. Hier finden Pflegebedürftige für bis zu acht Wochen einen Pflegeplatz, etwa wenn der Übergang in eine Langzeitpflege noch nicht geregelt ist, oder auch zur Entlastung pflegender Angehöriger bei Urlaub oder wenn sich die Pflegesituation verändert. Matthias Doedt: „Seit es die Kurzzeitpflege Vreden gibt, hat sich die Situation deutlich entspannt.“
Den Einzug in eine stationäre Pflegeeinrichtung könne man nur bedingt vorbereiten, so Doedt. „Zu planen, wann man ins Pflegeheim geht, ist schwierig“, sagte er. Dennoch sei es klug, sich vorab zu informieren. So böten die Senioren- und Pflegezentren im Pflegenetz Westmünsterland die Möglichkeit an, die Einrichtung zu besichtigen und je nach Verfügbarkeit auch die Zimmer anzuschauen, „oder auch im Rahmen einer Kurzzeitpflege die Einrichtung kennenzulernen“.
Das gelte genauso für die Tagespflege-Einrichtungen, die gerade bei einer häuslichen Pflegesituation durch Angehörige für Entlastung sorgen. Auch hier sei der direkte Kontakt mit den Einrichtungsleitungen sinnvoll, um Fragen zum Alltag, zu den Angeboten und Bedingungen stellen zu können. Dies böte auch Gelegenheit, das Hausgemeinschaftskonzept im Pflegenetz Westmünsterland kennenzulernen, das in besonderer Weise familienähnliche Strukturen schafft, in denen sich die Bewohnerschaft in einem „normalen“, überschaubaren Haushalt, mit gemeinsamer Wohnküche, eigener Wäsche und stabilen Ansprechpartnern bewegen. Doedt: „Leider werden immernoch Einrichtungen gebaut, die wie früher aus langen Fluren mit vielen einzelnen Zimmern bestehen und ihr Essen aus einer Großküche beziehen. Das ist bei uns ganz anders.“
Ein Angebot, das die Zuhörer ebenfalls aufhorchen ließ, ist das der qualifizierten Nachbarschaftshilfe, die im Rahmen einer Aufwandsentschädigung über den sogenannten Entlastungsbetrag finanziert werden kann. „Dieser Betrag von 125 Euro steht allen Pflegebedürftigen zu“, betonte Matthias Doedt, „auch schon bei Pflegegrad 1“. Der Kreis Borken hat ein Zertifikat ins Leben gerufen, das potenzielle Ehrenamtliche ohne Altersbeschränkung durch Absolvieren eines sechsstündigen Kurses erwerben können. Als einer der Kooperationspartner richtet etwa der St. Marien Pflegedienst einen solchen Kurs am 25. August aus. Ansprechpartnerin ist hier die Pflegedienst-Leitung Bärbel Tervoort, Tel. 02561 99-2099.
In der folgenden Diskussion wurde deutlich, dass viele Senioren den Entlastungsbetrag eher als Tropfen auf dem heißen Stein wahrnehmen. Die Leistung pflegender Angehöriger werde durch das Pflegegeld, das die Pflegeversicherung auszahlt, zu wenig gewürdigt. Auch die Einstufung in die Pflegegrade durch die Pflegekassen erleben manche als eher zweifelhaft. Gerade die telefonische Einstufung während der Pandemie hatte zu Verunsicherung geführt. Hier wies Matthias Doedt auf die Möglichkeit hin, sich auf die Fragen vorzubereiten, die der Medizinische Dienst stellt. „Und wenn sich die Situation spürbar verändert, können Sie nach einigen Monaten auch eine Anpassung beantragen.“
Überhaupt die Kosten: Matthias Doedt erläuterte die Bedeutung der neu eingeführten Begrenzung des Eigenanteils an den Pflegekosten von bis zu 70 Prozent – je nach Länge des Aufenthalts in der stationären Einrichtung. Hier schloss sich dann der Kreis. „Da ist es natürlich wiederum positiv zu bewerten, wenn die Bewohner eine längere Verweildauer in den Seniorenzentren haben.“
Infobox:
Pflegenetz Westmünsterland
Das Pflegenetz Westmünsterland ist der gesamte Bereich der Altenhilfe beim Klinikum Westmünsterland. Dazu gehören sechs stationäre Senioren- und Pflegezentren in Ahaus, Borken, Rhede, Stadtlohn und Vreden, eine stationäre Kurzzeitpflege, vier Tagespflege-Einrichtungen in Ahaus, Nienborg, Rhede und Vreden sowie zwei ambulante Pflegedienste – einer für den Bereich Ahaus-Stadtlohn-Vreden und einer für Bocholt und Rhede. Außerdem zählen dazu im Kreisgebiet verteilt neun Servicewohnen-Einrichtungen mit sozialer Betreuung der Mieter und Mieterinnen.